Das Jesuitenzentrum am Yssyk Kul in Kirgistan ist ein wunderbarer Ort zur Erholung für Mütter mit gehandicapten Kindern, und ein Ort zum körperlichen und geistlichen Auftanken. Nach 2 Monaten freiwilliger Mitarbeit im Sommer 2019 durfte ich heuer im Juli 2022 wieder an den See. Einige Erfahrungen dieser Wochen möchte ich weitergeben.
2022 gestaltet sich schon alleine die Anreise anders, da aufgrund des Ukrainekriegs ein Flug über Moskau nicht möglich ist. In Bishkek angekommen, holt uns (mit mir kommt auch noch die Hippotherapeutin Natascha an) Viktor, der Fahrer der Jesuiten, ab und wir werden von P. Remigius mit Frühstück gestärkt. Die Fahrt zum See dauert diesmal aufgrund der schwierigen Wegsituation bis zum Abend. Die zwei neuen Gruppen für die Woche sind vor uns angekommen. Einige Frauen erkennen mich gleich wieder und fragen, ob es wohl in der Früh wieder die Morgengymnastik gibt. Wir vereinbaren, jeden Tag um 8.00 Uhr die Gymnastik im großen Saal zu starten. Dabei geht es weniger um Gymnastik, als um Dehnungs- und Kräftigungsübungen für die Mütter, die ihre gehandicapten Kinder sehr viel tragen müssen und daher große Verspannungen und Abnützungen im Körper haben. Ich finde diese Mütter bewunderswert: Mit welchem Einsatz sie sich um die zum Teil schwer gehandicapten Kinder kümmern und dabei kaum auf sich selbst schauen können.
Die Bastel- und Spielstunde ab 10.00 Uhr jeden Vormittag kann ich in allen drei Wochen gestalten. Die Mütter und Kinder nehmen unterschiedlich daran teil, aber sie freuen sich über jede Möglichkeit, etwas anderes zu tun als zu Hause. Das Malen mit Wasserfarben lieben besonders die Mütter; die Kinder spielen vor allem: Uno, Wackelturm aus Holz, Memory und Rummy in vereinfachter Form. Aber auch das Malen mit Straßenkreiden und das Ballspielen funktioniert gut – und die Freude über einen gefangenen oder geworfenen Ball ist übergroß. Auch diesmal brachte ich wieder neue, sehr einfache Spiele mit. Olga, die engagierte Verwalterin, räumt den Raum mit den Spielen nach jeder Gruppe zusammen, aber trotzdem verlieren sich so manche Teile. Am Abend freuen sich alle Frauen über die Möglichkeit, ihre Musik zu hören und zu tanzen. Wenn man sie fragt, ob sie etwas anderes tun möchten, kommt ein ganz klares Nein. Es ist eine Zeit, die sie ganz für sich selbst haben zum Abschalten, was sie sehr schätzen.
Vor und nach dem Essen sind helfende Hände gefragt: beim Herrichten des Speiseraumes und beim Abwaschen danach. Diesmal arbeiten nicht immer alle Gruppen zusammen, aber wo ich Einfluss nehmen kann, gelingt das Abwaschen und die gute Gemeinsamkeit zwischen allen Gruppen.
Das friedliche Miteinander zwischen allen Religionen und Volksgruppen zeichnet den Ort am Issyk Kul sehr aus. Hier werden Toleranz und Respekt ganz offen und herzlich gelebt. Dieses Mal ist der röm.-kath. Administrator von Bishkek, Pater Anthony Corcoran, eine Woche zu Gast. Sein Vorbild bei vielen kleinen Handlungen ist großartig. Er stellt sich beim Abwaschen dazu und tratscht mit den Frauen. Offen geht er auf alle Kinder zu. Pater Remigius lebt dies auch immer vor. Jeden Tag setzt er sich zu unterschiedlichen Gruppen zum Essen dazu und nimmt so Anteil an den Sorgen und Nöten der Leute; er erfährt so ganz einfach, ob sie noch etwas benötigen oder Hilfe brauchen.
Dieses Jahr sind leider sehr wenige freiwillige Helferinnen am Issyk Kul. Das macht manches für die Gäste mühsamer, da sie viel mehr mitarbeiten müssen.
Was heißt es in meinen Augen, als Freiwillige zu diesem Camp zu kommen? Vor allem möchte ich mithelfen, dass die Woche für die Gäste eine schöne, hilfreiche Erfahrung wird. Und Arbeit gibt es dabei genug: den Köchinnen helfen, ein Spielprogramm für die Kinder zusammenstellen oder beim Reinigen der Häuser helfen. Der Wunschtraum der Verantwortlichen des Zentrums wäre, eine Physiotherapeutinnen-Ausbildung zu haben und den Müttern und Kindern besser zeigen zu können, wie sie mit Dehnungen und Kraftübungen ihre Situation ein bisschen verbessern könnten. Zeitlich freut sich das Zentrum zwischen Mai und September über jede helfende Hand. Die Dauer des Aufenthalts kann dabei zwischen einem Monat und vier Monaten sein. Ein paar Kenntnisse in der russischen Sprache sind sicher von Vorteil (für die Kommunikation mit den Mitarbeiterinnen), muss aber nicht sein, da die gehandicapten Kinder und einige Mütter sowieso nur Kirgisisch oder Usbekisch sprechen, sodass man oft nonverbal kommunizieren muss.
Die Wochen im Sommer unterscheiden sich sehr voneinander, da ganz unterschiedliche Gruppen jeweils für eine Woche Gast im Zentrum sind. Manche waren schon einmal da und kennen die Gepflogenheiten; andere müssen sich erst auf die Möglichkeiten, Grenzen und Anforderungen des Zentrums einstellen. Das neue zweite Haus bringt dabei eine große räumliche Erleichterung.
Für viele Mütter und Kinder ist es die einzige Urlaubswoche im Jahr, da sie sich nicht mehr leisten können. Daher ist das Zentrum auch sehr von Spenden abhängig, um möglichst vielen einen Aufenthalt ermöglichen zu können. Die Kosten für eine Woche Aufenthalt beträgt um die 150€. Ihre Spende hilft der Aktion „MENSCHEN FÜR ANDERE“. Verwendungszweck: Kirgistan / Bank: Erste Bank / IBAN: AT94 2011 1822 5344 0000 / BIC: GIBAATWWXXX